2013 | Stuttgart und die Region, Weltweihnachts Circus

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Kleiner Frau dreht am Grossen Rad

Valerie Inertie verblüfft im Weihnachtscircus mit spaziertem Reifen

Valerie Inertie hätte bei dem, was sie ausprobiert hat, Turnerin oder Extremsportlerin werden können. Doch die Kanadierin verrenkt sich am so genannten Cyr Wheel. Sie begeisterte bereits im Cirque du Soleil. Derzeit staunen die Besucher im Weltweihnachtscircus über die schwerelos wirkende Frau.

VON MICHAEL DEUFEL

STUTTGART. Die Musik - sphärenhaft das Manegenlicht - bläulich diffus, die Bewegungen - geschmeidig Autsch ! Das hat aber weh getan. “ Die Finger der Frau sind wahrscheinlich nach jeder Vorstellung Matsch », formuliert der Nebensitzer im Weltweihnachtscircus recht rustikal. Im ersten Moment möchte man dem Mann zustimmen. Denn die Akrobatin, die sich in einem mehr als mannshohen Reifen Umdrehung für Umdrehung verbiegt und windet, muss sich an ihrem Gerät doch irgend wie festhalten. Dass sie dabei über ihre Finger rollt, erscheint logisch. Doch der Sitznachbar irrt. Die Frau tut sich während ihrer Darbietung nicht einmal weh.

Natürlich vollführt Valerie Inertie an ihrem Rad atemberaubende Verrenkungen, ohne dass sie sich Zehen oder Finger verletzt Ganz ohne Blessuren geht ihr Beruf freilich nicht ab : < Zweimal habe ich mir bisher die Fingerspitzen gequetscht, einmal, weil mein Telefon geklingelt hat », sagt Valerie Inertie beim Treffen in der Artistenkantine auf dem Wasen. Wenn sie eine neue Figur einstudiert, kann es schon passieren, dass sie über ihre FüBe ril « Das gehört zum Geschäft. »

Die im Bundesstaat Quebec geborene Kanadierin wirkt aus der Nähe viel kleiner und zierlicher als in der Manege. Dort strahlt sie kraftvolle Eleganzaus. Das Gerät, dassie für ihre Kunst benutzt heiBt Roue Cyr oder Cyr-Wheel, benannt nach Daniel Cyr.

Turnen, Wettkampf, Medaillen - klingt nach Sport, nicht nach Zirkuskunst. « Als Schülerin habe ich wettkampfmäBig Sportgymnastik betrieben », sagt Valerie Inertie. Sechs Studen Training am Tag waren die Regel. Basketball, Badminton, Skifahren, Snowboard sie hat etliche andere Sportarten ausprobiert, je mehr Nervenkitzel dabei war, desto besser. « Ich bin ein Adrenalinjunkie', sagt sie über sich selbst. Ihre Mutter ist überdies Sportlehrerin. »

Mit dem Zircus kommt sie vergleichsweise spät in Berührung. Zwar konstruiert ihr Vater auch Requisiten für Zirkusartisten. Die heute 33-Jährige tritt selbst aber mit knapp 20 in der Manege auf. Sie engagiert sich bei sozialen Zirkusprojekten auch in der dritten Welt. Ein paar Jahre später entdeckt einer der Lehrer ihr Potenzial. « Dabei dachte ich, ich sei zu alt für eine Karriere im Zircus. » Doch Valerie Inertie trainiert und übt, Trampolin, Trapez, Vertikaltuch. Irgendwann sieht sie ein Video von Daniel Cyr.

Demnächst wird Valerie Inertie eine neue Nummer erarbeiten, mit einem zusätzlichen Tänzer. Eine Tournee ist geplant. Bis so eine Darbietung sitzt, « vergehen aber bis zu zwei Jahre». Damit ihre Fingerkuppen und Zehen in der Zeit verschont bleiben, sollte beim Üben das Telefon ausgeschaltet bleiben.

Stuttgart und die Region. Weltweihnachts Circus, Stuttgart 2013